Inflation und Rente: Warum nicht Sparen keine Alternative ist
„Wenn am Sparen gespart wird“ titelte die FAZ am 09.04.2023 und machte darauf aufmerksam, dass immer mehr Menschen die Beiträge für die Altersvorsorge reduzieren oder gar ganz stoppen. Warum das für die Zukunft die Probleme nur noch größer macht und welche Tücken im Alter auf Sie warten, wollen wir Ihnen im folgenden Blog-Beitrag näherbringen.
Die Gas- und Stromrechnung, Lebensmittel im Supermarkt oder die nächste Sommerreise: wir alle spüren gerade zum ersten Mal, was Inflation bedeutet. Nicht selten hat sich vom letzten Jahr bis heute der Preis für die Flugreise verdoppelt, die Energiekosten mitunter verdreifacht. Auch wenn die Zinserhöhungen der EZB so langsam greifen und sich die Preisschocks in bestimmten Bereichen wieder normalisieren: im deutschen Bewusstsein setzt sich die Erkenntnis fest, dass uns das „gierige Biest“ Inflation (Zitat des Bundesbank-Chefs Joachim Nagel) noch eine ganze Weile begleiten wird.
Der erste Reflex ist dabei mehr als verständlich: die Ausgaben für Dinge, die nicht unmittelbar nötig sind, werden reduziert. Die Altersvorsorge trifft es dabei mit als erstes, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov zeigt: ein Viertel der Befragten gab an, wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten ihre regelmäßigen Sparbeiträge reduziert zu haben. 15 % der Befragten gab sogar an, die Sparbeiträge ganz gestoppt zu haben. Die hohe Inflation führt weiterhin dazu, dass viele Menschen Ihr Erspartes plündern, um kurzfristige finanzielle Engpässe zu überbrücken. Frauen gaben an, sich noch größere Sorgen um die Zukunft zu machen als Männer.
Wie unser Gehirn uns austrickst
Dieser nur allzu nachvollziehbare Reflex, kurzfristige Ausgaben höher zu priorisieren als zukünftige, führt – nüchtern und wissenschaftlich betrachtet – allerdings langfristig zu viel größeren finanziellen Problemen. Denn bei allem Verständnis für die unmittelbaren Nöte: das Gehirn „trickst“ uns hinsichtlich der Dringlichkeit der zu tätigenden Ausgaben aus. Grund dafür ist ein Phänomen aus dem Bereich der Verhaltensökonomik („behavioral finance“), die sogenannte „zeitinkonsistente Diskontierung“. Klingt zunächst kompliziert, Sie werden diesen Effekt aber kennen.
In stark vereinfachter Form hat vor einigen Jahren ein bekannter Hersteller von Überraschungseiern einen ziemlich erfolgreichen Werbespot gemacht. Dabei wurde Kindern eines dieser verführerischen Eier auf den Tisch gelegt und eine bestimmte Zeit damit alleine gelassen. Sofern das Ei nach dieser Zeit unangetastet vorgefunden wurde, winkte zur Belohnung ein zweites Ei. Oder auf Finanzen heruntergebrochen: 100 % Rendite in wenigen Minuten. Sie werden erahnen, wie viele Kinder die Geduld aufbrachten, auf das zweite Ei zu warten…
Das menschliche Gehirn neigt dazu, den sofortigen Bedarf über den zukünftigen Bedarf zu stellen. Auf die Altersvorsorge gemünzt, heißt das: der heutige Konsum ist viel attraktiver und leichter zu tätigen als Geld für den späteren Konsum zurückzulegen. Und das, obwohl man oftmals weiß, dass das Geld im Alter benötigt wird und man das Fehlen von zukünftigen finanziellen Mitteln später bereuen wird.
Wie schlägt man nun dem eigenen Gehirn ein Schnippchen? Und das vor dem Hintergrund, der durch die Inflation stark belasteten Geldbeutel vieler Menschen? Wir glauben: durch nackte Zahlen und harte Fakten hinsichtlich der zukünftigen finanziellen Situation vieler Rentnerinnen und Rentner.
Nicht Sparen ist auch keine Lösung
Ohne die regelmäßigen Beiträge für die zusätzliche Altersvorsorge müssen die meisten Menschen in Deutschland mit der gesetzlichen Rente auskommen. Wie hoch Ihre individuelle Einkommenslücke zwischen dem letzten Nettogehalt und der ersten Nettorente ist, erfahren Sie über unseren Rentenlückenrechner. Zur Ermittlung des Renteneinkommens im Alter nutzen wir die Zahlen der OECD, die aktuell bei einem Durchschnittsverdiener bei 52,9% des letzten Nettoeinkommens liegt.
Eben dieser – männliche – Durchschnittsverdiener mit aktuellem Nettoverdienst von 2.084€ gibt statistisch gesehen ca. 36% seines Einkommens für Miete und Energie aus. Weitere 14,10% kommen für Nahrungsmittel und Gesundheit dazu. Während er Freizeit, Urlaub, Kultur und Verkehr mit weiteren ca. 26% bedient, verfügt er sogar im Durchschnitt sogar noch über 23,2% freie Mittel.
Verlässt er sich nur auf die gesetzliche Rente und stellt seine Sparanstrengungen ein, verfügt er im Alter nur über ca. 1.102€. Während sich unser Durchschnittsverdiener heute noch finanziell einschränken und auf die Fernreise oder den Kinobesuch zugunsten der Altersvorsorge verzichten könnte, ist mit 1.102€ Rente zukünftig nur noch das nackte Überleben möglich. Das Geld reicht für Wohnen und Essen. Mehr definitiv nicht. Die Sparrate für die Altersvorsorge heute zu reduzieren, bedeutet also in vielen Fällen, auf finanziellen Spielraum im Alter gänzlich zu verzichten.
Noch dramatischer ist die Situation bei Frauen. Unterstellen wir den gleichen Durchschnittslohn (aufgrund der differierenden Erwerbsbiographie im Vergleich zu Männern schon eine zu positive Annahme), ist der sogenannte „gender pension gap“ bei Frauen nochmals deutlich höher. Unsere Durchschnittsverdienerin kommt im Alter auf lediglich 833€ und wäre mit dieser Rentenhöhe auf staatliche Unterstützung angewiesen. Fast jeder fünfte Altersrentner (17,9%), der 65 Jahre oder älter ist, liegt heute bereits unterhalb der von der Bundesregierung definierten Altersarmutsgrenze (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales). Tendenz in den letzten Jahren: steigend.
Auch Besserverdienende werden Probleme bekommen
Aber die Situation ist nicht nur bei Gering- oder Durchschnittsverdienern problematisch, sondern auch bei Besserverdienenden. Da bei einem Bruttoeinkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze im Verhältnis weniger in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird, liegt die zu erwartende Rente prozentual zum letzten Nettoeinkommen sogar nur bei 41,9%.
Hinzu kommen bei Besserverdienenden noch zusätzliche Ausgaben im Alter, die gerne vergessen werden und zu massiven finanziellen Einschränkungen führen können. Und das unabhängig von den aktuellen Preissteigerungen durch die herrschende Inflation.
Vielen Besserverdienende nutzen die Möglichkeit, aus der gesetzlichen in eine private Krankenversicherung zu wechseln. Oftmals ist das sogar ein lohnenswertes Geschäft, da der Tarif der privaten Krankenversicherung gegebenenfalls sogar günstiger ist. Da der Arbeitgeber die Hälfte zur privaten Krankenversicherung beiträgt, erscheinen die Ausgaben für die Gesundheitsvorsorge über einen sehr langen Zeitraum erschwinglich zu sein.
Problem ist nur, dass auch als Rentner die Beiträge für die private Krankenversicherung geleistet werden müssen. Und dann ohne regelmäßigen Zuschuss durch den Arbeitgeber. Ebenfalls unterliegen die Tarife der privaten Krankenversicherer regelmäßigen Preissteigerungen, die in der Vergangenheit bei 2,8% jährlich lagen (Quelle: Verband der privaten Krankenversicherer). Natürlich kann man Tarife in der pKV anpassen und womöglich auf Leistungen verzichten, um den monatlichen Beitrag zu senken. Zudem bilden private Krankenversicherer mit einem Teil der Beiträge Rückstellungen für das Alter, um die zukünftigen Preissteigerungen zu dämpfen. Mit deutlich höheren Beiträgen im Alter sollte man trotzdem rechnen. Unterstellt man die Preissteigerung der letzten Jahre von 2,8% auch für die nächsten Jahre, ergibt sich so eine zusätzliche Nettobelastung von 1.145€.
Tipp: Tarife der privaten Krankenversicherung lassen sich in der Ansparphase bereits optimieren, um so die monatlichen Beiträge zu reduzieren, ohne dass man auf Leistung verzichten muss. Sollten Sie hierbei Unterstützung benötigen, stellen wir gerne den Kontakt zu pKV-Spezialisten her, die nicht auf Provisionsbasis arbeiten.
Spardisziplin, Rendite und Kosten entscheidend
So ernüchternd dieser Beitrag für Sie sein mag, wenn Sie mit der aktuellen Inflation zu kämpfen haben: die Altersvorsorgebeiträge zu reduzieren oder das Gesparte zu plündern macht ihr Problem in Zukunft nur noch viel schlimmer. Umso wichtiger ist – neben einer schmerzhaften Spardisziplin – die Optimierung ihrer Altersvorsorge. Denn wenn Sie schon unter finanziellen Schmerzen einen monatlichen Beitrag für Ihre Altersvorsorge zurücklegen, dann muss es sich auch für Sie lohnen.
Daher sollten Sie Produkte mit zu niedrigen Renditechancen und zu hohen Kosten meiden. Sowohl klassische Lebensversicherungen als auch Riester-Renten sind in den allermeisten Fällen schlichtweg ein schlechtes Investment. Nach Abzug von Kosten und Inflation muss Ihr Sparbeitrag so investiert werden, dass die langfristige Inflation von 2-3% deutlich geschlagen werden kann. Allein das schaffen nach Abzug von Kosten die meisten Altersvorsorgelösungen in Deutschland nicht.
Gerade im aktuellen Umfeld mit hoher Geldentwertung durch Inflation ist es wichtig schnell zu handeln und die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen. Wir helfen Ihnen gerne dabei.
Was Sie beispielsweise mit Ihrer alten Lebensversicherung machen sollten, erläutern wir Ihnen in unserem Webinar am 5. Juli um 19:00 Uhr.