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Taugt eine Immobilie für die Altersvorsorge?

Ist der Kauf einer selbstgenutzten oder vermieteten Immobilie eine rentable Form der Altersvorsorge? Oder loht es sich doch eher am Kapitalmarkt für das Alter vorzusorgen. Wir versuchen das Thema für Sie einzuordnen. 

Ein Markt in der Krise – Ausblick auf den Immobilienmarkt in Deutschland

In den letzten 10 bis 15 Jahren haben wir in Deutschland einen bis dato nie dagewesenen „Boom“ bei Immobilien erlebt. Grund war vor allem das seit Beginn der 2010er Jahre andauernde extreme Niedrigzinsumfeld, das Baufinanzierungen unvergleichlich günstig machte. In der Folge stiegen auch die Immobilienpreise so stark wie in vielen Jahrzehnten zuvor nicht. 

Doch seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine steigt nicht nur die Inflation – sondern mit ihr (und um sie zu bekämpfen) auch die Zinsen für die Baufinanzierung. Mit verheerenden Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, den nicht nur die steigenden Zinsen massiv treffen, sondern auch die inflationsbedingt massiv gestiegenen Baukosten. Dringend benötigte Immobilienprojekte, die neuen Wohnraum schaffen sollten, werden auf Eis gelegt oder eingestellt. Immobiliengesellschaften und Projektentwickler müssen Insolvenz anmelden. Erstmals seit Jahrzehnten fallen die Preise für Immobilien. Und trotzdem bricht der Markt für Baufinanzierungen aufgrund der hohen Zinsen massiv ein, weil sich Käufer momentan extrem zurückhalten. Braut sich hier ein Crash-Szenario mit verheerenden Folgen für Immobilienbesitzer zusammen? 

Fakt ist, dass der Immobilienmarkt sehr kurzfristig und heftig von den Entwicklungen getroffen wurde. Und dass es für viele Marktteilnehmer zu (teilweise) massiven Problemen gekommen ist. Aber ganz so düster sieht die Zukunft des deutschen Immobilienmarktes dann doch nicht aus. 

So geht dbresearch, der „Thinktank“ der Deutschen Bank, lediglich von einer „Preisdelle“ aus und sieht für die nächsten Jahre eine deutliche Erholung. Die wesentlichen Gründe hierfür sieht dbresearch dabei im anziehenden Mietwachstum und der massiven Angebotsknappheit. 

Denn der Wohnraum bleibt knapp, wodurch die Mieten steigen. Denn der Zinsschock dämpft den Neubau und der strukturell bedingte Zuzug aus dem Ausland erhöht die Nachfrage nach Immobilien deutlich. Gerade in den elf deutschen Metropolen bestehe eine fundamentale Angebotsknappheit nach Wohnraum. Hinzu kommt, dass dbresearch den Zinsgipfel im Laufe des Jahres für erreicht sieht, so dass in den nächsten Jahren von sinkenden Zinsen ausgegangen werden kann. Und das könnte der Startschuss für wieder höhere Preise bei Immobilien sein.

Ein wichtiger Aspekt, den dbresearch ebenfalls erwähnt, ist die immer stärker in den Fokus rückende Reduktion von CO2-Emissionen von Gebäuden. In den letzten Quartalen gab es bereits immer größere Preisunterschiede zwischen Objekten mit niedrigen und hohen Emissionen. Und das bedeutet auch für bestehende Immobilienbesitzer, dass die Kosten für die energetische Sanierung – gerade für ältere Gebäude – steigen werden und zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung werden könnte. 

Zusammenfassend gesagt, erwarten die Experten mittel- bis langfristig wieder steigende Immobilienpreise aufgrund der großen Wohnraumknappheit als auch durch wieder sinkende Zinsen. Der Immobilienmarkt wird sich auf absehbare Zeit vermutlich wieder normalisieren. 

Lohnt sich eine Immobilie für die Altersvorsorge?

Kaum ein anderes Thema im Bereich der Altersvorsorge wird so von Emotionen getrieben wie der Kauf einer Immobilie. Denn die Immobilie belegt regelmäßig die vordersten Plätze, wenn man Sparer nach der optimalen Altersvorsorge befragt. Die Aussicht, später einmal in einem abbezahlten Haus auf der eigenen Terrasse im Garten sitzend ins Grüne zu schauen, ist für viele die Idealvorstellung, wie man das Alter finanziell gestalten möchte. Und tatsächlich zeigen Statistiken auch, dass Immobilienbesitzer im Alter über ein höheres Vermögen verfügen als Mieter. 

Viele weitere Argumente scheinen die These der selbst genutzten Immobilie als ideale Lösung für die Altersvorsorge zu stützen: 

  • Man spart sich die Mietzahlungen an den Vermieter (sofern das Eigenheim mit Eintritt in die Rente auch abbezahlt ist)
  • Man ist vor einer Eigenbedarfskündigung geschützt und ist sicher, in den eigenen Wänden auch den Ruhestand verbringen zu können. 
  • Man kann das eigene Haus beliebig gestalten, ohne einen Vermieter fragen zu müssen. 
  • Hinzu kommt ein beruhigendes Gefühl der Unabhängigkeit 

Aus Sicht der Experten sieht die Sache mit den Immobilien für die Altersvorsorge aber ganz anders aus. Sie sind der Meinung, dass der Nutzen einer Immobilie für den Besitzer zu einem beträchtlichen Teil emotional bedingt und eher eine Frage des Lebensstils sei. Denn die Renditeberechnungen für Immobilien sehen im Vergleich zu Aktienanlagen deutlich schlechter aus. 

Denn die oben zitierten statistischen Vermögensvorteile durch den Besitz einer Immobilie ergeben sich rechnerisch nicht durch die erzielten Renditen einer Immobilie oder die Höhe der Mietersparnis. Sondern liegen einzig und allein in der durch die regelmäßigen Kreditraten auf erzwungene Spardisziplin. 

Mieter haben im Gegensatz zum Immobilienbesitzer eine geringere monatliche Belastung. Und könnten mit dem Differenzbetrag zwischen der Miete und der Belastung durch eine Immobilienfinanzierung bis zum Alter ein höheres Vermögen aufbauen als Immobilienkäufer. Es fehlt allein an der entsprechenden Spardisziplin. Die Versuchung über höhere liquide Mittel zu verfügen, verführt dann doch eher zum Konsum denn zur langfristigen Investition. Oder anders herum gesagt: Die geringeren liquiden Mittel beim Immobilienbesitzer können Abstriche in der Lebensqualität bedeuten. Denn die eine oder andere schöne Reise ist dann nicht mehr drin.

Hinzu kommt, dass von vielen Immobilienbesitzern die laufende Kostenbelastung einer Immobilie völlig unterschätzt wird. Neben der monatlichen Kreditrate fallen über die Jahre Reparatur- und Instandhaltungskosten, Grundsteuer, Versicherungskosten und – wie von dbresearch weiter oben im Text vorweggenommen – zukünftig vermutlich steigende Kosten für energetische Sanierungen an. Der Mieter kann sich hier zurücklehnen, muss doch der Vermieter und Immobilienbesitzer für all das sorgen.  
 
Immobilien lohnen sich insbesondere für diejenigen nicht, die jetzt kaufen wollen. Denn bei den derzeitigen Kaufpreisen schlagen vor allem die Kreditraten aufgrund der aktuell stark gestiegenen Zinsen stark zu Buche. Finanztest ermittelte vor einigen Monaten, dass sich von 2021 auf 2022 die Kreditraten zur Finanzierung der eigenen Immobilie um 64% erhöht haben. Und seitdem sind die Zinsen nochmals gestiegen. Die Abbezahlung des eigenen Hauses bis zum Rentenbeginn wird immer schwieriger. Trotz etwas fallender Immobilienpreise im 1. Halbjahr 2023 muss festgehalten werden, dass der Immobilienerwerb für die überwiegende Zahl der Bürger in Deutschland aktuell unerschwinglich geworden ist. Ohne deutlich sinkende Zinsen wird sich an der Situation nichts ändern, da auch nicht unbedingt von weiter fallenden Preisen auszugehen ist. 
 
Aber wie sieht es mit der historischen Wertentwicklung von Immobilien im Vergleich zu anderen Anlageklassen, wie beispielsweise Aktien aus? Ein historischer Vergleich ist hier schwierig, weil es kaum lange Zeitreihen für die tatsächlichen Nettorenditen globaler Wohnimmobilien gibt. Vorhandene Indices bilden oftmals nur die Preissteigerungen ab, nicht aber die entsprechenden Nettomietrenditen. Daher gibt es, anders als bei Aktien, keine langen historischen Zeitreihen mit inflationsbereinigten Renditen. Das „Standardwerk“ in diesem Bereich, das „Global Investment Returns Yearbook“ der Professoren Dimson, Marsh und Staunton liefert in der 2018er Ausgabe hier noch die validesten Erkenntnisse. Auch hier schneiden Immobilien inflationsbereinigt deutlich schlechter ab als Aktien. 

Quelle: “Global Investment Returns Yearbook 2018” von Elroy Dimson, Paul Marsh, Mike Staunton / Gerd Kommer “Die Rendite von Investments in Immobilien”

So sehr eine Immobilie auch emotional locken mag: sie ist oftmals nicht die bessere Investitionsentscheidung.

Durch frühes Sparen den Nachwuchs in die eigenen vier Wände bringen

Was der heutigen Generation aufgrund der aktuellen Situation vermutlich nicht mehr gelingen wird, kann aber dem Nachwuchs ermöglicht werden. Auf die Gefahr hin, uns an dieser Stelle zu wiederholen: frühes, steueroptimiertes Aktiensparen mit ETFs ebnet finanziell den Weg für eine sinnvolle Ausbildung, das erste Auto, den Führerschein – oder eben die eigene Immobilie. Gerade für Kinder und Enkelkinder wird aufgrund der steigenden Inflation die zukünftige finanzielle Situation deutlich schwieriger. Eltern und Großeltern sollten frühzeitig mit dem Sparen beginnen, um beispielsweise das Studium zu finanzieren, oder den Grundstein für eine Immobilie legen zu können. 

ETF-Rentenversicherungen eignen sich hierfür besonders, da sie mehr Möglichkeiten bieten als ein reiner ETF-Sparplan. In allererster Linie ist hier die das steueroptimierte Übertragen von vorhandenem Vermögen auf die nächste Generation zu nennen. Man nutzt dabei die – noch – großzügigen steuerlichen Schenkungsfreibeiträge. Auch kann eine ETF-Rentenversicherung für eine Immobilienfinanzierung als Sicherheit mit eingebracht und an die Bank abgetreten werden. Der Vertragswert der Rentenversicherung dient dabei als finanzielle Absicherung eines Kredites. Die Abwicklung einer Versicherungsabtretung gestaltet sich einfach. Wichtig ist, einen Kreditgeber zu finden, der eine ETF-Rentenversicherung als Sicherheit für einen Kredit oder für ein Darlehen akzeptiert. Bei der Abtretung an die Bank bleibt die Rentenversicherung ohne Einschränkungen zu den bisherigen Konditionen bestehen. Nach der vollständigen Rückzahlung des Kredits endet die Abtretung an die Bank. In diesem Falle hat man das „Beste aus zwei Welten“ erreicht: den Ruhestand im Garten der eigenen, abbezahlten Immobilie zu verbringen und genügend finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben, um auch auf die Weltreise nicht verzichten zu müssen. 

 

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