Das Jahr der Schlange – oder warum 2025 ein Schlüsseljahr für die deutsche Lebensversicherungsbranche wird.
Liebe Partner,
vielleicht wundern Sie sich, dass Sie von uns nicht die klassische Weihnachtskarte, verbunden mit dem üblichen „guten Rutsch“ ins neue Jahr, bekommen haben. Das hat gleich mehrere Gründe.
Zugegeben, einer der Gründe ist, dass unsere Karte nicht auf dem Stapel der zig anderen Karten untergehen sollte. Aber es ist einer unserer Leitsätze, nicht immer dasselbe zu machen wie jedes Jahr, oder wie alle anderen. Speziell in unserer Branche haben wir, unseres Erachtens, viel zu viel davon.
Wir denken, dass das Jahr 2025 ein echtes Schlüsseljahr für die Rolle sein wird, die Lebensversicherer in der deutschen Altersvorsorge noch spielen wollen.
Die Chinesen feiern am 29. Januar 2025 ihr Neujahrsfest. Laut chinesischem Kalender beginnt 2025 das Jahr der Schlange. Die Schlange im chinesischen Horoskop steht für Weisheit, Intuition und Eleganz. Sie ist ein Symbol für scharfsinnigen Verstand, strategisches Denken und einer ausgeprägten Beobachtungsgabe. Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Eigenschaften nötig sein werden, um den Grundstein für den weiteren Geschäftserfolg in den nächsten Jahren zu legen. Gerne erkläre Ihnen, warum wir das so sehen.
Mit Intuition, Weisheit, scharfsinnigem Verstand, strategischem Denken – aber vor allem auch Mut und dem unbedingten Willen zum Erfolg – sind in den letzten Jahren mächtige Konkurrenten für die Lebensversicherungsbranche entstanden. Ich bin teilweise immer noch irritiert angesichts der Naivität und Passivität, mit der die Lebensversicherungsbranche auf die neuen Mitbewerber reagiert. Die Bedrohung des eigenen Geschäftsmodells scheint entweder nicht erkannt zu werden. Oder noch viel schlimmer: Eine Mentalität des „Weiter so“, die den fehlenden Mut und Willen zur nötigen Transformation ignoriert, dominiert mittlerweile in vielen Unternehmen. Dabei lügen die Zahlen nicht: Die Fondsgesellschaften, Neo-Broker und Robo-Advisor überrunden die Lebensversicherungsbranche in allen relevanten Kategorien der Neugeschäftsmessung.
Dabei hätte in der vorletzten Woche die Pressemitteilung eines der neuen Giganten im Markt aufhorchen lassen müssen.
Trade Republic erreichte kaum sieben Jahre nach Gründung einen Kundenbestand von 5,3 Millionen in Deutschland. Hinzu kommen knapp drei Millionen Kunden aus anderen Ländern, sodass es europaweit über acht Millionen sind. Allein im abgelaufenen Jahr 2024 hat Trade Republic mit ca. 2,8 Millionen Kunden mehr Kunden gewinnen können, als (voraussichtlich, die Zahlen sind noch nicht da) die gesamte Lebensversicherungsbranche in Deutschland zusammen.
Wir hören in unseren Gesprächen oft: „Naja, das ist ja ein Broker. Das hat ja mit Altersvorsorge nichts zu tun. Die Kunden zocken mit ein paar Euro, und dann war es das wieder.“
Schön wäre es.
Tatsächlich ist das Hauptprodukt des Neo-Brokers der ETF-Sparplan. Über drei Viertel der Trade Republic-Kunden geben an, dass sie für die Altersvorsorge sparen. Bedenkt man noch die Eleganz des Produktes, sollte eigentlich klar sein, dass kein Versicherer in seinem aktuellen technischen Set-up in der Lage sein wird, diese verlorenen Kunden zurückzugewinnen.
Ein Satz aus der Pressemitteilung sollte die Branche hier besonders aufhorchen lassen.
„In Frankreich erreicht die digitale Bank eine Million Kunden und führt als erste Bank den provisionsfreien Sparplan für das steuerbegünstigte staatliche Spardepot PEA ein.“
So gesehen ist die Lebensversicherungsbranche mit dem Ampel-Aus – noch – mit einem blauen Auge davongekommen. Denn wäre das Altersvorsorgedepot ab 2026 wie geplant auf den Markt gekommen, wäre Trade Republic (aber auch Scalable, Smartbroker+, Finanzen.net Zero, JustTrade etc.) mit einem technisch nicht zu schlagenden Angebot für Kunden am relevanten „Point of Sale“ (=Smartphone) zur Stelle gewesen. Und das annähernd kostenlos.
Somit haben die Neuwahlen am 23. Februar 2025 ein wenig Aufschub gebracht, der aber nicht lange halten wird. Es wird einen Nachfolger für die Riester-Rente geben müssen, egal welche Couleur die neue Bundesregierung nach der Wahl haben wird. Und die Lebensversicherungsbranche muss sich mit der neuen Konkurrenzsituation auseinandersetzen.
Hinzu kommt, dass eine weitere Bombe immer lauter in den Beständen der Lebensversicherer tickt.
Die Demografie kippt. Bereits heute können die allermeisten Lebensversicherer den Abgang an Verträgen nicht durch das Neugeschäft kompensieren. Und die Lücke zwischen Neugeschäft und Abgang wird in den nächsten Jahren nochmals dramatisch zunehmen. Mit dem Effekt, dass die Bestände immer kleiner werden, bei gleichbleibenden (oder steigenden) Kosten der Verwaltung. Hier rächt es sich, dass es nach wie vor zu viele Prozesse bei Lebensversicherern gibt, die nicht sinnvoll digitalisiert wurden.
Sie sehen, die Herausforderungen sind enorm. Nur leider scheint der Umsetzungswille im Verhältnis sehr klein zu sein. Das ist auch eine leidvolle Erfahrung aus vielen Gesprächen, die wir führen. „Interne Projekte“ (was immer das ist, vermutlich irgendwas mit Regulatorik, das passt immer) werden Transformationsprojekten vorgezogen. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass es für einige Versicherer wichtiger ist, bloß keinen Fehler zu machen, als ein Risiko einzugehen. Zu blöd, wenn man dafür in Kauf nimmt, in Zukunft kein funktionierendes Geschäftsmodell mehr zu haben. Mitunter habe ich den Eindruck, dass Neugeschäft bei vielen Lebensversicherern keine Priorität mehr hat.
An dieser Stelle könnte ich noch eine ganze Reihe an Aspekten aufführen, die ein Lebensversicherer auf der Agenda haben sollte. Denn auch die klassischen Vertriebswege und deren Anforderungen an ihre Produktgeber verändern sich. Viele Produktnischen bleiben seit Jahren unbesetzt. Eine Strategie, wie man in einem veränderten Marktumfeld an neue Vertriebskanäle kommt, fehlt. Meine Befürchtung ist daher, dass man 2025 wieder dasselbe macht wie in den Jahren davor. Aber nicht das, was dafür nötig wäre, um zukunftsfähig zu werden.
Wir selbst haben eine Reihe an Themen identifiziert, in denen wir für Sie Lösungen anbieten wollen. Neben der Weiterentwicklung unseres Insurance Hubs stehen 2025 aus unserer Sicht viele relevante Aspekte auf unserer Umsetzungsagenda. So arbeiten wir an neuen Onboarding-Möglichkeiten, die unterschiedliche Vertriebswege sowie deren Anforderungen berücksichtigen und auch außerhalb unserer Plattform anwendbar sind. Wir arbeiten an innovativen, kapitalmarktbasierten Produkten, die sowohl in der Anspar- als auch in der Rentenphase auf unserer Plattform abgebildet werden können. Wir experimentieren auch mit KI und erarbeiten ein Modell zur Analyse von Versicherungsbedingungen und -angeboten.
Auch werden wir in diesem Jahr wieder einige Veranstaltungen auf die Beine stellen, um mit Ihnen in den für alle Seiten so wichtigen Austausch zu kommen. So wird es unter anderem eine Neuauflage des Life Insurance Innovation Circles geben.
Wir bleiben auch politisch aktiv und versuchen über die Verbandsarbeit im BVMW-Mittelstandsverband Einfluss auf eine sinnvolle Regulierung des „Altersvorsorgedepots“ (oder wie immer der Riester-Nachfolger heißen wird) als auch die GRV und bAV zu nehmen. Einen ersten Achtungserfolg konnten wir im letzten Jahr verbuchen, da der Gesetzesentwurf zum Altersvorsorgedepot u. a. auch die Selbstständigen mit einbezog, bevor das Ampel-Aus den weiteren Prozess zum Erliegen brachte. Kein anderer Verband hatte diesen Aspekt so überzeugend und vehement gegenüber der Politik gefordert und vertreten wie der BVMW.
Wir würden uns jedenfalls freuen, mit Ihnen im Jahr 2025 regelmäßig im Austausch zu bleiben. Melden Sie sich daher gerne bei mir, wenn Sie Diskussionsbedarf zu einem der genannten (oder ausgelassenen) Themen haben.
Wir wünschen Ihnen jedenfalls für das Jahr 2025, unserem chinesischen Motto treu bleibend: Weisheit, Intuition, einen scharfsinnigen Verstand, strategische Weitsicht und den nötigen Mut für die richtigen Entscheidungen. Dann kommt der Erfolg von ganz alleine.

Alberto del Pozo
Geschäftsführer